
6. Chambre des Députés / Abgeordnetenkammer
6. Chambre des Députés / Abgeordnetenkammer
Wenn Sie über den Krautmarkt spazieren, werden Sie vielleicht kaum das Parlamentsgebäude neben dem imposanten großherzoglichen Palast bemerken, denn es wirkt sehr klein und bescheiden verglichen mit seinem prächtigen Nachbarn.
Und doch ist es einer der wichtigsten Orte in Luxemburg, denn hier hat die Abgeordnetenkammer, die „Chambre des Députés“, ihren Sitz. Dieses politische Organ übt die gesetzgebende Gewalt oder Legislative im Namen des Volkes aus. Das Parlamentsgebäude wird daher als „Palais de la Nation“ bezeichnet und steht für die Rechte des luxemburgischen Volkes. Dadurch, dass es direkt an den großherzoglichen Palast angrenzt, wird die enge Verbindung zwischen Legislative und Exekutive auch architektonisch zum Ausdruck gebracht. Daher wurde dieser Standort bis heute beibehalten, obwohl das Gebäude eigentlich viel zu klein geworden ist und nach Ausweichmöglichkeiten gesucht werden musste für die vielen Verwaltungsbüros, die nun in den angrenzenden ehemaligen Bürgerhäusern untergebracht sind.
Gebaut wurde das Parlamentsgebäude 1858 in einem eklektischen Stil aus Neogotik, Renaissance und Klassizismus. Der Standort war nicht zufällig gewählt worden, sondern ein geschickter Schachzug des damals regierenden autoritären Königs Wilhelm III., der mit der Forderung, das Parlamentsgebäude bedeutend kleiner und bescheidener neben dem benachbarten großherzoglichen Palast zu bauen, die Machtverhältnisse deutlich machen wollte, nämlich dass die Exekutive über der Legislative steht und diese kontrolliert.
Das luxemburgische Parlament, kurz „Chamber“ genannt, hat seinen Sitz seit 1860 hier auf dem Krautmarkt. Jedoch war es nicht immer das politische Organ, das die Interessen des Volkes vertreten sollte und durfte. Begonnen hat seine wechselhafte Geschichte im Mittelalter als „États du Duché“, ein Rat mit Vertretern der 3 Stände, der dem Herrscher als beratendes Organ zur Seite stand.
Erst 1848 bekam Luxemburg im Zuge der Revolutionsbewegungen mit Einverständnis des liberalen Königs Wilhelm II. eine Verfassung, in der die Grundlage für den modernen, demokratischen Staat, der Luxemburg heute ist, geschaffen wurde. Von nun an wurden die Abgeordneten vom Volk gewählt, wenn auch bis 1919 noch immer nach Zensuswahlrecht, und die 3 Gewalten waren fortan klar getrennt. Zum besseren Schutz des Volkes vor Willkür sollten Exekutive und Legislative sich gegenseitig kontrollieren. Mit dieser fortschrittlichen Verfassung, die 1868 nochmals bestätigt wurde und deren Grundordnung bis heute in Kraft ist, endete das Zeitalter des Absolutismus: Luxemburg ist seither eine konstitutionelle, parlamentarische Monarchie.
Seit 1988 besteht das Parlament aus 60 Abgeordneten, die alle 5 Jahre in freien, allgemeinen und geheimen Wahlen vom Volk bestimmt werden. Die meisten Sitzungen sind öffentlich und werden live auf dem Fernsehkanal „Chamber TV“ bzw. der Internetseite „cdh.lu/de/Liveplayer“ übertragen, um vollkommene politische Transparenz zu gewährleisten.
Interessantes Detail
Seit 1868 wurde die Verfassung mehrfach geändert und den politischen Entwicklungen angepasst. Dabei wurden die politischen Vorrechte des Monarchen zunehmend eingeschränkt. So wurde 1919 die Staatssouveränität auf das Volk übertragen. Der Herrscher verzichtete fortan auf jegliches Eingreifen in politische Entscheidungen, die seitdem ausschließlich vom Parlament bzw. von der Regierung getroffen werden.
Bedeutung für die Menschenrechte
Als gesetzgebendes Organ hat die Abgeordnetenkammer eine grundlegende Funktion bei der Wahrung der Menschenrechte. Die Abgeordneten des Parlaments werden vom Volk gewählt, um die Interessen aller Bewohner des Landes zu vertreten und Gesetze zu verabschieden, die das Leben der Bürger verbessern sollen. Diese Gesetze müssen stets im Sinne und im Respekt der Menschenrechtserklärung verfasst werden. Darüber hinaus können die Abgeordneten auch die Entscheidungen der Regierung überprüfen, um maximalen Schutz und Sicherheit für die Bürger zu gewährleisten. Durch die ständige gegenseitige Kontrolle von Exekutive und Legislative ist eine menschenverachtende Diktatur in Luxemburg nicht mehr möglich.
Artikel 21
Der Wille des Volkes bildet die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt.