1. Hauptbahnhof - Deportationen
1. Hauptbahnhof - Deportationen
Von den fast 4000 jüdischen Einwohnern Luxemburgs zu Kriegsbeginn lebten in Luxemburg zu Kriegsende nur noch etwa 60 in sogenannten Mischehen. Am 10. Mai 1940, dem Tag des deutschen Einmarschs, flohen bereits einige hundert jüdische Familien nach Frankreich und Belgien. Als im September 1940 die Rassengesetze eingeführt sowie andere antijüdischen Maßnahmen erlassen wurden, lebten noch etwa 1800 jüdische Personen in Luxemburg. Nun begannen die Abschiebungen, Auswanderungen und ab dem 16. Oktober 1941 die Deportationen nach Osten in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Insgesamt wurden 658 Personen jüdischer Herkunft direkt von Luxemburg in den Osten deportiert. 44 von ihnen überlebten die Shoah, was einer Überlebensquote von 7% entspricht.
Die erste Deportation fand am 16. und 17. Oktober 1941 statt. Insgesamt 323 jüdische Personen wurden im Zuge dieser ersten Deportation in das Ghetto Litzmannstadt deportiert. Die Deportierten mussten die Fahrkarte nach Litzmannstadt (von Hitler umbenannte polnische Stadt Lodz) aus eigener Tasche bezahlen. Für das pünktliche Erscheinen am Hauptbahnhof machte die Gestapo das jüdische Konsistorium verantwortlich. Dieses bezahlte Busse, die die Deportierten zum Hauptbahnhof brachten. Am Hauptbahnhof selbst war alles abgesperrt. Nach dem letzten Erkenntnisstand wurden noch 190 jüdische Personen aus dem Raum Trier-Bernkastel nach Luxemburg gebracht und der Luxemburger Gruppe angeschlossen. Nach 14 Stunden verließ der Sondertransport dritter Klasse gegen 1.00 Uhr nachts am 17. Oktober den Hauptbahnhof. Der Zug erreichte Litzmannstadt am darauffolgenden Tag mit 513 Personen. Von den 323 Luxemburger Jüdinnen und Juden überlebten nur 11 die Shoah.
Die zweite Deportation nach Izbica bei Lublin im besetzen Polen fand am 23. April 1942 statt. Die Deportierten wurden zunächst nach Trier und dann nach Stuttgart gebracht, wo sie Teil eines größeren Transports wurden. Die Luxemburger Deportierten erreichten Izbica am 29. April 1942. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden sie Mitte Mai 1942 in das Vernichtungslager Sobibor verschleppt. Keiner dieser 24 Deportierten überlebte die Shoah.
Die dritte Deportation folgte am 12. Juli 1942. Die 24 jüdischen Deportierten wurden wahrscheinlich über Chemnitz ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau transportiert. Keiner dieser 24 Deportierten überlebte die Shoah.
Die vierte Deportation erfolgte zwei Wochen später am 26. Juli 1942. Die 24 jüdischen Deportierten wurden zunächst nach Trier, dann nach Köln und schlussendlich nach Theresienstadt gebracht. Von den 24 Deportierten überlebten zwei Frauen.
Die fünfte und zweitgrößte der insgesamt sieben Deportationen nach Osten fand am 28. Juli 1942 statt, nur zwei Tage nach der vierten Deportation. Der Zug startete im sogenannten „jüdischen Altersheim“ in Fünfbrunnen im Norden Luxemburgs mit insgesamt 77 älteren Personen. In Luxemburg-Stadt stiegen die übrigen Deportierten hinzu. Unter ihnen befanden sich 27 schwerkranke Personen aus verschiedenen Krankenhäusern sowie fünf Heiminsassen aus der Heilanstalt in Ettelbrück. Der Zug bestand aus Viehwagen, die mit Matratzen, Stroh und Decken ausgestattet waren. Unter den Deportierten befand sich auch der damals 80-jährige Kunstmaler Guido Oppenheim. Der Zug erreichte das Ghetto Theresienstadt am 30. Juli 1942. Von den 156 deportierten Personen überlebten nur 9 die Shoah. Von den 147 Opfern starben 73 Personen in Theresienstadt, die Übrigen wurden in Vernichtungslager deportiert.
Die sechste Deportation erfolgte am 6. und 7. April 1943 von Luxemburg nach Theresienstadt. Die Deportierten wurden im Sammellager Fünfbrunnen in fünf Güterwagen gepfercht. Alte und Kranke mussten in die Güterwagen hineingetragen werden. Der Transport erreichte nach einer regelrechten Irrfahrt von drei Tagen und vier Nächten das Ghetto Theresienstadt. Bei der Ankunft sollen bereits mehrere Personen tot gewesen sein. Mit diesem Transport wurde Fünfbrunnen de facto aufgelöst. Von den 97 Deportierten überlebten insgesamt 20 Personen.
Die siebte und letzte Deportation erfolgte am 17. Juni 1943 von Luxemburg nach Theresienstadt und teilweise nach Auschwitz-Birkenau. Von den 10 Deportierten überlebten nur zwei Personen.
Insgesamt geht man von mehr als 1300 jüdischen Opfern aus, die beim deutschen Einmarsch in Luxemburg lebten und durch das Nazi-Regime ermordet wurden. Diejenigen, die nicht aus Luxemburg deportiert wurden, wurden in vielen Fällen auf ihrer Flucht nach Frankreich und Belgien von der deutschen Besatzungsmacht oder den örtlichen Polizeibehörden aufgegriffen und in die Vernichtungslager deportiert.